Männer sind keine Altersvorsorge – Ein Interview mit Katharina Bremer von den finanz-heldinnen

Ich habe meine Finanzen schon immer selbst in die Hand genommen und möchte finanziell unabhängig sein. Seit dem ich den Satz „Männer sind keine Altersvorsorge“ von Helma Sick gelesen habe, ist mir allerdings bewusst geworden, dass dies noch nicht bei allen Frauen der Fall ist. Viele sind finanziell abhängig. Eine Trennung vom Partner kann daher den finanziellen Ruin bedeuten. Umso mehr freut es mich, dass es dagegen Initiativen, wie die finanz-heldinnen, gibt. Was die finanz-heldinnen genau gegen das Problem der finanziellen Abhängigkeit machen, hat mir die Co-Founderin Katharina Bremer im Interview verraten:  

Melanie: Hallo Katharina! Schön, dass es geklappt hat. Magst du zu Beginn die finanz-heldinnen einmal kurz vorstellen und was ihr genau macht?

Katharina: Wir möchten Frauen für Finanzen begeistern und sie auf dem Weg in ihre finanzielle Zukunft mit unseren Angeboten begleiten. Wir, das sind Mitarbeiterinnen der comdirect und unsere Unterstützerinnen. Wir haben uns zur Initiative finanz-heldinnen zusammengeschlossen, weil wir Frauen dabei unterstützen wollen, sich mit dem Thema Finanzen auseinander zu setzen, viel darüber zu lernen und finanziell unabhängig zu werden.

Melanie: Wie groß ist ca. der Markt in dem ihr euch derzeit bewegt?

Katharina: Sehr groß. Viel zu viele Frauen verlassen sich bei ihren Finanzen noch immer auf ihre Partner oder Berater, hinterfragen aber zu wenig. Wir merken aber auch, dass das Interesse an diesem Thema wächst und die Eigenverantwortung zunimmt. Ein Ehemann ist eben keine Altersvorsorge, diese Einsicht setzt sich immer mehr durch. Zum Glück. Und das sehen wir bei unseren Afterworks, auf Social Media und auf unserer Webseite. Unsere Community wird immer größer.

Melanie: Warum ist denn gesondertes Banking für Frauen notwendig? Besteht bei Frauen ein besonderer Beratungsbedarf?

Katharina: Ein besonderes Banking für Frauen ist gar nicht notwendig. Wir brauchen keine rosafarbenen Produkte. Aber Frauen möchten anders angesprochen werden als Männer. Sie möchten in ihrer Lebenssituation abgeholt werden. Also weniger „höher, schneller, weiter“ und eher langfristige Perspektiven. Und ja, viele Frauen haben einen besonderen Beratungsbedarf: Sie verdienen weniger, investieren weniger, bekommen weniger Rente. Altersarmut ist leider sehr, sehr weiblich. Dagegen können und müssen wir gemeinsam etwas tun.

Melanie: Kann man sagen, dass Frauen tendenziell vorsichtiger agieren bei Finanzthemen?

Katharina: Klischees über Frauen gibt es jede Menge. Fakt ist: Frauen treffen gute Finanzentscheidungen, wenn sie über das nötige Wissen verfügen. Der Schlüssel zu mehr Finanzkompetenz ist und bleibt die finanzielle Bildung. Je mehr wir über Finanzen wissen, desto einfach wird es. Oder anders ausgedrückt: Der Anfang ist leicht, wenn Frauen ihre Möglichkeiten erkennen.

Melanie: Was sagt ihr zu Frauen, die Angst vor finanziellen Verlusten durch Teilnahme an der Finanzwelt haben?

Katharina: So banal es auch klingt: Nur Mut! Einfach mal loslegen, mit kleinen Summen, etwa über einen ETF- oder Fondssparplan. Einfach mal an das Thema herantasten, Dinge ausprobieren. Nichts zu tun ist in Zeiten von Null- und Negativzinsen keine Alternative.

Melanie: Was ist das Wichtigste, dass ihr Frauen mitgeben wollt?

Katharina: Frauen können Geldanlage, sehr gut sogar. Kümmert Euch um Eure Finanzen – alleine oder mit Eurem Partner, mit oder ohne Beratung, aber werdet aktiv. Ihr könnt das.

Melanie: Erste Tipps für den Einstieg in die Finanzwelt?

Katharina: Schon mit kleinen Summen kann man viel erreichen, wenn der Anlagehorizont lang genug sind. Wir sind große Fans von Sparplänen. Schon mit 25 Euro im Monat können Anleger*innen Fonds oder ETFs besparen. Über die Jahre kommt dabei ein schönes Sümmchen zusammen. Denn Aktien bringen langfristig durchschnittlich sechs bis acht Prozent Rendite – allen Turbulenzen, Korrekturen und sogar Crashs zum Trotz.

Melanie: Ist aktuell zur Coronakrise der perfekte Zeitpunkt zum Einstieg, da die Aktienkurse so tief sind?

Katharina: Es ist immer der richtige Zeitpunkt zum Einstieg, aber bitte via Sparplan, der in der Krise einfach weiter läuft. Den perfekten Zeitpunkt – Börsianer nennen das „Market Timinig“ – gibt es nämlich nicht. Niemand weiß, wann das Tief erreicht ist und wann es wieder kräftig aufwärts geht. Es gibt Hinweise, aber keine absolute Sicherheit. Aktuell sind Aktien auf jeden Fall günstiger als noch vor ein paar Monaten. Irgendwann ist die Krise vorbei, dann steigen die Kurse auch wieder. Aktien sind eine sehr langfristige Geldanlage, fünf oder besser zehn Jahren sollten es schon sein.

Melanie: Private Altersvorsorge durch Immobilien und Depots vs. Rentenversicherung?

Katharina: Wie wir unser Geld anlegen, ist eine sehr individuelle Sache. Je nach Lebenssituation, Anlageziel, Anlagehorizont und Risikoneigung ist mal das Aktiendepot, mal die Immobilie, mal die Rentenversicherung das richtige Produkt – oder einen Kombination aus allem gemeinsam. Wichtig ist aber, dass wir erkennen, dass Aktien langfristig die renditestärkste Anlageklasse sind und mit dem Anlagehorizont das Risiko immer weiter sinkt. Vorausgesetzt natürlich, dass wir unser Risiko breit streuen, also in viele Einzeltitel, ETFs oder Fonds aus ganz vielen Branchen und Ländern investieren. Aktien sollten daher immer ein Baustein des Vermögensaufbaus sein – je nach Anlegertyp mal mehr und mal weniger.

Melanie: Magst du mir zum Schluss noch einen Fun Fact über eure Initiative verraten?

Katharina: Mmmhhh, in Zeiten von Corona und Home Office war doch glatt mein Schlafzimmer unser Podcast-Studio. Was übrigens auch zeigt: Hinter den finanz-heldinnen steckt keine Agentur, wir machen alles selbst. Und wir sind auch gar nicht so viele, aber wir sind mit sehr viel Herzblut bei der Sache!

Kurzbiographie von Katharina

Katharina Bremer ist Projektleiterin der Initiative finanz-heldinnen und Senior Kommunikationsreferentin bei der comdirect bank AG, eine der führenden Direktbanken in Deutschland. 

Sie hat Anfang 2018 mit Kolleginnen die „finanz-heldinnen“ ins Leben gerufen und sich zum Ziel gesetzt, speziell Frauen für Finanzen zu begeistern.

Mittlerweile sind die finanz-heldinnen zur größten deutschen Community einer Bank auf Instagram geworden. Zuvor war sie unter anderem für den comdirect finanzblog award sowie weitere externe und interne Kommunikationsformate zuständig.

Nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Marketingkommunikation absolvierte sie die Weiterbildung zur PR-Referentin (pzok). In ihrer Position als Managerin Public Relations baute sie in einem inhabergeführten Dentalunternehmen die Public Relations auf und betreute diese sowohl national als auch international.

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