Impostor-Syndrom überwinden

Häufig wird mir gesagt, dass ich selbstbewusst und souverän auftrete. Aber ab und zu beschleicht mich das Gefühl, dass dies alles nur „Schein“ ist. In meiner aktuellen Lebensphase beschäftige ich mich stark mit der Frage, was ich mit meinem ganzen Studium sinnvolles anstellen kann und wie ich meine Arbeitszeit tatsächlich verbringen möchte. Wenn ich Stellenanzeigen lese, bin ich danach meist verunsichert, ob ich tatsächlich geeignet bin für die Stelle. Das sog. Impostor-Syndrom (Hochstapler-Syndrom) kickt dann. Das Impostor-Syndrom beschreibt einen Zustand, wo Menschen einen fundamentalen Zweifel an den eigenen Fähigkeiten haben. Dazu gehört vor allem die eigenen Leistungen anzuerkennen und zu akzeptieren. Es beschreibt also das universelle Gefühl des Unbehagens und des Zweifelns.

Das Impostor-Syndrom ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Menschen jeden Geschlechts treffen kann. Dennoch zeigt die Forschung, dass Frauen häufiger von diesem Selbstzweifel-Strudel erfasst werden. Wie kommt es zu dieser Geschlechterdisparität und wie dann das Impostor-Syndrom überwunden werden?

Hintergründe

1978 entwickelten die Psychologinnen Pauline Rose Clance und Suzanne Imes das Konzept in einer Studie, das ursprünglich als „Impostor-Phänomen“ bezeichnet wurde, in der sie leistungsstarke Frauen untersuchten. Sie fanden heraus, dass „Frauen, die das Impostor-Phänomen erleben, trotz herausragender akademischer und beruflicher Leistungen in dem Glauben verharren, dass sie in Wirklichkeit nicht klug sind und jeden getäuscht haben, der etwas anderes denkt.“

Frauenbewegung

Dies gab den Anstoß dafür in den folgenden Jahren, dass immer mehr Frauen sich dazu bekannten und offen darüber sprachen, sich wie eine Hochstaplerin zu fühlen. Dadurch sollten Hemmnisse abgebaut werden und fördern, dass die Betroffenen ein realistischeres Selbstbild erhalten. So sagte Michelle Obama im Interview mit der Vogue im März 2020:

„Sich daran zu erinnern, dass unsere schlimmsten Kritikerinnen fast immer wir selbst sind, hat mir dabei am meisten geholfen. Frauen und Mädchen müssen sowieso schon gegen so viel ankämpfen: Tatsache ist, dass Sie nicht in diesem Raum wären, wenn Sie nicht dorthin gehörten. Und während negative Gedanken so oder so auftauchen, wenn man neue Rollen und Herausforderungen annimmt, kann man sie akzeptieren, ohne sich von ihnen davon abhalten zu lassen, Raum einzunehmen und Ihre Arbeit zu tun. Nur so können wir wirklich wachsen – indem wir unsere Ängste überwinden und das Vertrauen entwickeln, dass unsere Stimmen und Ideen wertvoll sind.“ (Quelle: https://www.vogue.de/lifestyle/artikel/michelle-obama-interview)

Zweifel besiegen

Ich bin davon überzeugt, dass viele mit mehr Selbstzweifeln zu kämpfen haben, als diese gern zugeben mögen. Wichtig ist jedoch, dass wir uns davon nicht zurückhalten lassen, sondern darüber sprechen und uns auch gerne im Familien- oder Freundeskreis bestärken lassen. Es ist wichtig zu erkennen, dass Selbstzweifel normal sind, aber nicht der Wahrheit entsprechen müssen.

Meine pinke Powerbluse habe ich übrigens von Street One*.

Bei mir habe ich die Erfahrungen beispielweise bei Anfragen für Speakerinnenauftritte oder bei Bewerbungen erlebt. Jedes Mal muss ich mir dann selbst in Erinnerung rufen, was ich kann und dass man nur wachsen kann, wenn man etwas versucht – selbst wenn es am Anfang nicht perfekt ist, aber wer ist das schon? Spannend finde ich hier den Vergleich zu männlichen Kollegen: Diese haben die Anfragen erst angenommen und dann gefragt um welche Themen es konkret gehen wird. Ich persönlich habe erst einige Rückfragen gestellt und mich erst nach eigenen Ermutigungen dazu überwunden, die Anfrage zu bestätigen. Diese unterschiedliche Art der Kommunikation, Annahme etc. hat mich stutzig gemacht. Was ist, wenn dies auch Ursache für viele andere Effekte in unserer Gesellschaft sind, wie der Gender Pay Gap oder das Frauen seltener Führungspositionen übernehmen. Bewerben diese sich schlicht einfach nicht?

Impostor-Sydrom überwinden

Ich glaube, dass das Impostor-Syndrom, beispielsweise auch bei selteneren Gehaltsverhandlung durch Frauen und damit dem geringeren Verdienst, eine Auswirkung hat. Allerdings wird das Impostor-Syndrom gerade gefüttert von der leider noch vorherrschenden toxischen Kultur in Unternehmen, Wissenschaft etc., nämlich dass Frauen höhere Positionen nicht erhalten – oder, wie Michelle Obama es ausdrückt: nicht in diesen Raum gehören. Daher ist die Antwort auf die Überwindung des Impostor-Syndroms nicht, einzelne betroffene Personen zu korrigieren. Vielmehr muss ein Umfeld geschaffen werden, das eine Vielfalt von Führungsstilen fördert und in dem verschiedene ethnische und geschlechtliche Identitäten als ebenso professionell angesehen werden. Keinesfalls darf das Narrativ „Frauen zu heilen“ aufrechterhalten bleiben, sondern es muss an den Ursachen gearbeitet werden, die es „füttern“.

Dazu gehören vor allem:

  • Mentoring und Vorbilder schaffen
  • Selbstreflexion und Entwicklung
  • Bewusstsein schaffen
  • Gemeinschaften und Netzwerke aufbauen

Diese Maßnahmen können zum Abbau der Geschlechterdisparität führen und dabei unterstützen, dass Frauen ermutigt nach ihren Rechten greifen. Dies wird dazu beitragen das Impostor-Syndrom zu entmystifizieren und eine Welt zu schaffen, in der Frauen ihre Erfolge ohne Selbstzweifel feiern können.

* in freundlicher Zusammenarbeit mit Street One

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