
Anti-Wokeness: Ist Female Empowerment noch zeitgemäß?
Die gesellschaftlichen Debatten um „Wokeness“ haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Was einst als Ausdruck von Fortschritt, Gleichberechtigung und sozialem Bewusstsein galt, wird heute zunehmend als „übertrieben“, „ideologisch“ oder gar „gefährlich“ diffamiert. Besonders in der Arbeitswelt zeichnet sich eine bedenkliche Trendwende ab: Große Konzerne wie Meta und SAP haben ihre Diversity-Programme eingestampft oder massiv zurückgefahren.
Ist Female Empowerment in Zeiten von Anti-Wokness überhaupt noch zeitgemäß?
Diversity-, Equity- und Inclusion-Programme (kurz: DEI) galten noch vor wenigen Jahren als Selbstverständlichkeit in der HR-Strategie großer Unternehmen. Sie waren nicht nur ein Zeichen von gesellschaftlicher Verantwortung, sondern auch ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Studien belegten immer wieder, dass diverse Teams innovativer arbeiten, bessere Entscheidungen treffen und erfolgreicher wirtschaften.
Doch nun scheint der Wind zu drehen. Meta beispielsweise hat nach massiven Umstrukturierungen viele DEI-Stellen abgebaut. SAP äußerte sich 2024 sogar öffentlich kritisch gegenüber dem „Druck zu politischer Korrektheit“ in Unternehmen. Was hier als „Kosteneffizienz“ oder „Strategiewechsel“ verkauft wird, ist in Wahrheit oft ein bequemer Rückzug aus der Verantwortung – und ein Zeichen dafür, dass Gleichstellung immer noch als verzichtbarer Luxus behandelt wird.
Warum Female Empowerment immer noch (oder gerade jetzt) notwendig ist
Der Rückbau von Förderprogrammen für Frauen hat reale Konsequenzen. Ohne gezielte Maßnahmen bleiben patriarchale Strukturen in Unternehmen bestehen. Frauen sind nach wie vor unterrepräsentiert in Führungspositionen, verdienen im Durchschnitt weniger und übernehmen einen überproportional hohen Anteil an Care-Arbeit – auch während der Arbeitszeit. Wenn Unternehmen sich nun aus der Gleichstellungsarbeit zurückziehen, verschärft das bestehende Ungleichheiten.
Female Empowerment ist kein Lifestyle-Trend. Es ist eine politische Notwendigkeit. Es geht nicht um hübsche Marketingkampagnen zum Weltfrauentag oder um symbolische Mentoring-Programme. Es geht darum, strukturelle Barrieren abzubauen, die Frauen – insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund, mit Behinderungen oder aus der LGBTQIA+-Community – tagtäglich benachteiligen.
Der Backlash hat System
Die Anti-Woke-Bewegung bedient sich gezielt antifeministischer Narrative. Sie stellt Empowerment als Bevormundung, Gleichstellung als Ideologie und Vielfalt als Bedrohung dar. Das Narrativ lautet: „Wir wollen einfach nur normal arbeiten, ohne ständig auf politische Korrektheit achten zu müssen.“ Dahinter steckt ein tief sitzender Widerstand gegen Veränderungen, die alten Machtverhältnisse tatsächlich infrage stellen könnten.
Wenn nun Unternehmen diesem Druck nachgeben und Programme zurückfahren, geben sie diesen Stimmen Macht. Sie senden die Botschaft: Gleichstellung ist verhandelbar. Doch soziale Gerechtigkeit ist kein optionaler Bonus, den man sich in wirtschaftlich guten Zeiten leistet – sie ist die Grundlage für eine gerechtere, widerstandsfähigere Arbeitswelt.
Was jetzt zu tun ist
1. Zivilgesellschaftlicher Druck: Kund:innen, Mitarbeitende und Öffentlichkeit müssen Unternehmen zur Verantwortung ziehen. Diversity darf kein Modewort sein, sondern muss mit klaren Zielen und Ressourcen hinterlegt sein.
2. Feministische Allianzen: Frauen dürfen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Intersektionale Bündnisse sind entscheidend, um den backlash gemeinsam zu bekämpfen.
3. Transparenz und Zahlen: Unternehmen müssen ihre Gleichstellungsdaten offenlegen: Wer sitzt im Vorstand? Wer wird befördert? Wer verlässt das Unternehmen? Nur durch Transparenz entsteht Handlungsdruck.
Fazit: Female Empowerment ist nicht veraltet – es ist dringender denn je
Die Entscheidung von Meta, SAP & Co., Diversity-Programme zu streichen, ist kein harmloser Strategiewechsel. Es ist ein Warnsignal. Denn es zeigt, wie schnell gesellschaftliche Errungenschaften wieder einkassiert werden können. Die Frage ist also nicht, ob Female Empowerment noch zeitgemäß ist. Die Frage ist: Wie können wir verhindern, dass es wieder aus der Zeit fällt?
Denn solange wir nicht in einer Welt leben, in der Gleichstellung selbstverständlich ist, ist jeder Rückschritt ein Angriff auf unsere Zukunft. Und dem müssen wir uns entgegenstellen – mit Haltung, Solidarität und einem langen Atem.